Kritik an Habecks „Osterpaket“

„An Absurdität nicht zu überbieten“ – Papierfabrik entsetzt über Wasserkraft-Förderstopp

Strom aus kleinen Wasserkraftwerken will die Bundesregierung nicht mehr fördern. Für den Chef einer Papierfabrik ist das unbegreiflich.

Gmund – Florian Kohler ist Chef einer bayerischen Vorzeigefirma: In vierter Generation betreibt er die Papierfabrik in Gmund (Kreis Miesbach) – nach eigenen Angaben weltweit die einzige, die über 50 Prozent ihres Energiebedarfs mit Wasserkraft deckt. Dort haben sie das umweltfreundliche Hanfpapier erfunden und auch den deutschen Nachhaltigkeitspreis bekommen. Doch jetzt bedrohen ausgerechnet die Pläne der Bundesregierung Kohlers umweltfreundlichen Kurs.

Gesetzespaket zur Energiewende: Förderstopp für kleine Wasserkraft bis 500 Kilowatt (kW)

Bislang bekommt der Firmenchef Geld für den durch die Wasserkraft erzeugten Strom, den er einspeist – die sogenannte EEG-Einspeisungsvergütung. Doch diese Förderung sollen kleine Wasserkraftwerke in Deutschland nicht mehr bekommen. Auch Modernisierungen werden nicht mehr finanziell unterstützt. So steht es im sogenannten Osterpaket von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) – zum Entsetzen von Wasserkraftbetreibern wie Kohler.

Herr Kohler, welche Bedeutung hat die Wasserkraft bei Ihnen in der Papierfabrik Gmund?

Florian Kohler: Bis zu 50 Prozent der Stromgewinnung. Wir haben drei Turbinen, um die kümmert sich ein Profi. Wir haben viel Zeit und Geld investiert. Und dann fischen wir auch noch den Müll aus dem Fluss. Plastik, Glas, jeglichen Dreck. Gratis, dafür müssten wir eigentlich was verlangen. Wenn Herr Habeck das nicht mehr will, schwimmt der Müll halt weiter.

Sie sind wütend auf den Minister?

Florian Kohler: Mir geht es nicht um mich. Uns trifft es nicht so stark wie alle anderen Betreiber von kleinen und mittleren Wasserkraftwerken. Aber Herr Habeck sorgt dafür, dass die emissionsärmste Stromgewinnung nach und nach eingestellt wird. Und dann fliegt er nach Katar, um dort Öl zu holen. Das ist an klimaschädlicher Absurdität nicht zu überbieten.

Es gibt durchaus Umweltschützer, die gegen Wasserkraft sind – etwa, weil dadurch Fische sterben.

 Florian Kohler: Das ist praktisch frei erfunden, es gibt dazu genügend Gutachten. Ich wohne seit 60 Jahren am Fluss und habe noch nicht einen toten Fisch gesehen. Die kleinen und mittleren Wasserkraftwerke unter 500 kW erzeugen keine stärkere Strömung. Der Fisch wird nicht reingezogen. Habeck will die großen Kraftwerke beibehalten – deren Strömung hält kein Fisch aus. Aber wir, die naturnah nur die Fließgeschwindigkeit nutzen, bekommen keine Vergütung mehr. Und es ist ja schon seltsam: Stirbt tatsächlich mal ein Fisch im Kraftwerk, wäre das eine Katastrophe. Aber die Deutschen essen im Jahr Millionen Fische. Da schaden vielmehr die Emissionen von anderen Kraftwerken der Tierwelt.

Kleine Wasserkraftwerke haben in der Regel einen guten Ruf. Warum gibt es gegen diese Pläne nicht mehr Widerstand?

 Florian Kohler: Das Osterpaket von Herrn Habeck hat hunderte Seiten. Irgendwo versteckt steht, wir kicken die Wasserkraft raus. Das hat keiner so richtig mitbekommen. Ich glaube, da hat sich irgendein Interessensverband eingemischt. Jetzt rutscht das durch. Und zugleich stellt sich Habeck bei den Tagesthemen vor die Kamera und sagt, wir sparen jedes kW, bitte duscht sparsam und so weiter. Ich verstehe es nicht. Die grüne Politik will nicht, dass wir umweltfreundlichen Strom erzeugen.

Kraftwerksbetreiber wurden kaum gehört – Politiker durften unbegrenzt reden

Sie kämpfen zusammen mit anderen Betreibern gegen die Pläne. Was haben Sie unternommen?

Florian Kohler: Wir waren vorigen Mittwoch auf einer Video-Konferenz mit den Berliner Spitzenpolitikern – nur Grüne. 48 deutsche Kraftwerksbetreiber, auf Einladung von Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium. Da waren zwei Betreiber dabei, die damals in Wackersdorf gegen die Wiederaufarbeitungsanlage demonstriert haben. Sie haben extra kleine, umweltfreundliche Kraftwerke gebaut. Und jetzt stehen sie vor dem Aus! Auch wenn für mich der Umweltschutz im Vordergrund steht: Das sind schlimme Schicksale.

Was haben die Ministeriumsvertreter zu Ihrer Kritik gesagt?

Florian Kohler: Die Politiker durften so lange reden, wie sie wollen, wir Fachleute durften nur begrenzt sprechen. Wir wurden gerade mal gehört, dabei waren die überhaupt nicht im Thema drin und haben uns abgewimmelt, beschwichtigt. Wir haben seit Generationen gerne Wasserkraft gemacht, ich finde das toll! Aber die Konsequenz ist, dass tatkräftige Menschen nun ihr Geld nicht mehr mit emissionsfreier Wasserkraft, sondern mit irgendetwas anderem verdienen werden – was macht das für einen Sinn?

Hat das Ende der Förderung Konsequenzen für die Papierfabrik in Gmund?

 Florian Kohler: Für uns bedeutet es gewisse finanzielle Einbußen, wo ohnehin Energie den Standort schwierig macht. Aber generell hat das für den Standort Deutschland eine verheerende Signalwirkung: Investiere nicht mehr in diesem Land in Wasserkraft. Es zählt nicht mehr die umweltfreundlichste, sondern die ideologischste Energie.

Haben Sie denn die bayerische Politik um Unterstützung gebeten?

 Florian Kohler: Die ist unserer Meinung – aber es hilft nichts. Es gibt in Deutschland ca. 7000 Wasserkraftwerke, ca. 4500 davon in Bayern. Mit Habecks Vorhaben wird Bayern extrem geschadet.

Auch in Holzkirchen hadern private Wasserrad-Besitzer mit dem drohenden EEG-Entfall. Sie hatten 250.000 Euro in die Anlage investiert. Während die Branche entsetzt ist, befürworten Umweltschützer die Idee. Der WWF begrüßt den geplanten Wegfall von Wasserkraft-Förderung.

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Grüne Energie: Florian Kohlers Büttenpapierfabrik in Gmund im Landkreis Miesbach deckt derzeit die Hälfte ihres Energiebedarfs mit Strom, der im eigenen Wasserkraftwerk erzeugt wird.

© Thomas Plettenberg