Ute Brüne

Warum trennen wir unser Leben eigentlich in Wirtschafts- und Privatleben? Dieser Zustand zeigt doch schon, wie verrückt wir in unserem Denken, in unserer Wahrnehmung sind.  Diese Trennung gibt uns den Anschein, zwei getrennte Personen oder besser Menschen zu sein. Sind wir nicht! Wir sind immer derselbe Mensch, auch wenn wir für beide Lebensbereiche unterschiedliche Rollen und vielleicht Regeln im Umgang leben. Das ist mir durch eine sehr nachhaltige Begegnung noch einmal bewusster geworden.

 

Begegnung mit mir selbst

Es ist Feierabend, ich fahre mit dem Auto nach Hause, höre meine Lieblingsmusik und komme über eine Begegnung, die sich bei der Wuppertaler Tafel ereignet hat, ins Nachdenken.


Was war passiert?

Ich hatte bei der Tafel etwas zu erledigen und stand wieder einmal unter Zeitdruck. Ich wollte mal eben etwas abholen, und dachte mir: „Ich springe schnell rein. Die Tafel sollte gleich aufmachen und es war noch nicht viel los. Müsste von der Zeit her passen“. Die Türen wurde acht Minuten verspätet geöffnet und ich hatte noch genau 22 Minuten, bis ich zu meinem nächsten Termin fahren musste. Soweit, so gut.


Begegnung mit einem Mitarbeiter

Oben, in den Räumlichkeiten der Tafel angekommen, schnappte ich mir den ersten Mitarbeiter und sprach ihn gleich an, ob er der richtige Ansprechpartner für mein Anliegen sei, und ob die Ware, die ich abholen wollte jetzt direkt in das Auto geladen werden kann. Der Mitarbeiter sagte mir, er müsse diesen Vorgang organisieren. Das war für mich in Ordnung, nur hatte ich keine Zeit und fragte nach, wie lange es dauern würde. Er sagte mir wiederum, er weiß es nicht, er muss schauen, wer gerade frei ist, um die Ware ins Auto einladen zu können. Sie ahnen schon, so ging es noch eine Weile weiter und die Stimmung schaukelte sich hoch, bis wir beide an der Kasse standen und ich (endlich) merkte, dass ich den Mitarbeiter ganz schön gestresst hatte. Eigentlich war ich doch freundlich, warum reagiert denn nur der Mitarbeiter so, dachte ich mir. Ich entschuldigte mich und verabredete letztendlich mit ihm, die Ware später abzuholen, da ich zum nächsten Termin musste und noch nicht klar war, wer nun helfen kann.


Unerwartete Rückmeldung

Zwei Stunden später kam ich wieder zur Tafel und wurde von einer Mitarbeiterin aus der Führung direkt darauf hingewiesen, die Mitarbeiter nicht so mit meinem Stress zu konfrontieren. Ich erklärte mich und meinte auch noch, dass ich doch mit dem Mitarbeiter alles besprochen hatte. Eigentlich war schon alles geklärt, warum musste ich mich noch einmal für mein Verhalten entschuldigen?

Sechs Stunden später hatte ich Feierabend und saß im Auto auf dem Weg nach Hause. Plötzlich stolperte ich noch einmal über diese Situation in meinen Gedanken. In diesem ruhigen Moment wurde mir sehr bewusst, was ich gemacht habe. Ich habe einem Menschen mit meinem eigenen Stress konfrontiert. Ihn wiederum unter Druck gesetzt und ggfls. einen schlechten Tag bereitet. Eventuell hat er dadurch wiederum andere Menschen gestresst? Vielleicht habe ich ihm die Freude an seiner Arbeit genommen? Der Arbeitstag fing für ihn ja gerade erst an.

Ich erkannte, dass ich ganz klar unserer Haltung „Wirtschaft mit Herz“ zu leben, in diesem Moment eine komplette Absage erteilt hatte. Wirtschaft mit Herz bedeutet auch, dem Menschen einen Mehrwert zu geben. Ihn in seinem Tun zu unterstützen. Ihm einen schönen Moment im Zusammensein zu geben.


Ein Geschenk

Wissen Sie, ich bin dankbar für diesen Moment. Dadurch bin ich auch noch einmal in die Betrachtung meiner Selbstfürsorge gekommen und stelle mir die Frage, was ist mit mir? Warum habe ich diesen Stress überhaupt in mir zugelassen und als Krönung so nach außen getragen?


Fazit

Zum einen erkenne ich durch diese Frage, dass es mir wirklich ernst ist, „Wirtschaft mit Herz“ zu leben. Ich habe mich innerlich mit dieser Haltung verbunden. Zum anderen ist meine Aufgabe, früher zu erkennen, wenn ich über meine innere und äußere Grenzen gehe. Sie sehen schon, ich darf erkennen und habe noch ein buntes Übungsfeld vor mir. ;O)

Noch einmal werde ich zur Tafel gehen und mich bei dem Mitarbeiter entschuldigen, vor allem werde ich mich aber bei ihm bedanken, denn er hat mich wieder ein Stück zu mir selbst und somit zu meinem Ziel: Wirtschaft mit Herz zu leben, geführt.

Danke.

Ihre Ute Brüne
Offset Company

Bildnachweis: Theresa Noppeney